Red Dot Award: Product Design

Interview mit Phoenix Design (Teil 1)

Über Qualität, Wandel und Verantwortung: Red Dot im Interview mit Phoenix Design (Teil 1)

Der Ehrentitel „Red Dot: Design Team of the Year 2018” ging an Phoenix Design mit seinen Teams in Stuttgart, München und Shanghai. 1987 von Andreas Haug und Tom Schönherr gegründet, konnte das interdisziplinäre und international ausgerichtete Team kontinuierlich mit Spitzenleistungen im Design überzeugen. Es sind sowohl die hohe Wertigkeit als auch der Innovationsgrad der Produkte, mit denen Phoenix Design einen beispielhaften Qualitätsstandard für Designstudios setzt. Allein in den letzten fünf Jahren wurde das Team 44 Mal ausgezeichnet, davon drei Mal mit dem Red Dot: Best of the Best.

Im Interview mit Red Dot sprechen Andreas Haug und Tom Schönherr, Founders and Managing Partners, sowie Andreas Diefenbach und Joon-Mo Lee, Members of the Board, über Veränderungen der Branche, Qualität und die Verantwortung, die der Beruf des Designers mit sich bringt.

Red Dot: Herr Haug, Herr Schönherr, Sie blicken nicht nur auf 30 Jahre Phoenix Design zurück, sondern auch auf 45 Berufsjahre. Wie sehen Sie heute Ihre Rolle im Unternehmen?

Haug: Heute bin ich eigentlich Coach. Berater im eigenen Unternehmen. Ich befinde mich gerade in der dritten Phase meiner Designkarriere

Schönherr: Häufig liegt das Augenmerk auf den Gründern von Unternehmen. Ich denke aber, dass es in unserer Gesellschaft in Zukunft mehr und mehr um Teams gehen wird.

Haug: Das macht auch die Auszeichnung mit dem Titel „Red Dot: Design Team of the Year“ zu etwas Besonderem, da hier der Teamgedanke im Vordergrund steht.

Was hat sich in Ihren Augen während Ihrer Karriere als Designer verändert?

Schönherr: Wir haben immer nach der bestmöglichen Qualität gestrebt. Qualität hat immer Gültigkeit, sie kommt nicht aus der Mode. Das wird auch so bleiben, davon bin ich fest überzeugt.

Haug: Design hat sich heute weitestgehend etabliert. In der Anfangs- und Gründerzeit war dagegen noch viel Überzeugungsarbeit notwendig, denn das Thema „Design“ war in den 1980er Jahren noch nicht vollends in der Industrie angekommen.

Ist Design heute zu einem Standard in der Industrie geworden?

Diefenbach: Wer sich heute über Design differenzieren will, braucht ein ganz anderes, erweitertes Designverständnis. Stand früher noch das einzelne Produkt und die Produktgestaltung im Vordergrund, so geht es heute auch um strategisches Denken, um Prozesse und Systeme und die Kommunikation, die diese Entwicklung begleitet.

Schönherr: Und wer heute innovativ sein will, muss sich auf den gesamten Prozess beziehen, nicht nur auf einzelne Fragen des Gebrauchs oder der Funktion.

Welche Werte sind im Design heute noch genauso wichtig wie vor 30 Jahren?

Haug: Der Wert der Qualität ist nach wie vor gültig. Das hat sich nicht geändert. Was sich geändert hat, ist das Qualitätsverständnis, weil viele Dinge einem raschen Wandel unterworfen und kurzlebiger sind. Viele Produkte erhalten Updates und sind nicht bis ins letzte Detail ausgereift, wenn sie auf den Markt kommen. Man kann nicht gleichzeitig schneller und besser werden: Das verträgt sich nicht.

Inwieweit hat sich das Qualitätsverständnis verändert? Ist nicht mehr der Bessere der Feind des Guten, sondern der Schnellere?

Lee: Der Nutzer erwartet schon ein qualitativ gutes oder hochwertiges Produkt, aber dadurch, dass er die Produkte immer kürzer benutzt, bekommt er eine andere Einstellung dazu. Das wirft natürlich Fragen auf. Wie gehen wir mit immer kurzlebigeren Produkten um? Und wie verkraftet das unsere Umwelt?

Schönherr: Das sind Fragen, die sich auch Unternehmer und Designer stellen müssen. Jeder, der ein Produkt herstellt, muss sich auch fragen, was mit einem Produkt passiert, das nicht mehr gebraucht wird.

Inwieweit trägt auch der Designer Verantwortung?

Schönherr: Die Arbeit von Designern ist unglaublich verantwortungsvoll, weil die Produkte, die wir gestalten, später millionenfach produziert und verkauft werden. Und das ist jede Mühe wert.

Haug: Während meiner Studienzeit war die gesellschaftspolitische Verantwortung des Designers ein ganz wichtiges Thema. Das scheint mir heute ein Stück weit verloren gegangen. Auch das nutzerorientierte Denken und Gestalten war damals schon angelegt, ist dann im Zuge des Massenkonsums in den Hintergrund getreten und kommt nun umso vehementer zurück.