Red Dot Gala: Product Design 2025 Start Livestream: 8. Juli, 17:45 Uhr (MESZ)
00 days
00 hours
00 minutes
Jury

Mårten Claesson

Mårten Claesson wurde 1970 in Lidingö, Schweden, geboren. Nachdem er am Vasa Technical College in Stockholm im Fachbereich Bautechnik und an der Parsons School of Design in New York im Fachbereich Architektur und Produktdesign studiert hatte, schloss er 1994 sein Studium mit einem MFA-Abschluss der Konstfack, der Universität für Kunst, Handwerk und Design in Stockholm, ab. Er ist Mitgründer der schwedischen Design-Sozietät „Claesson Koivisto Rune“, die im klassisch-skandinavischen Sinne multidisziplinär in Architektur und Design arbeitet. Mårten Claesson ist darüber hinaus als Autor und Dozent tätig.

Mårten Claesson

Red Dot im Interview mit Mårten Claesson

Sie haben sowohl Produktdesign als auch Bautechnik und Architektur studiert. Für welches Genre schlägt Ihr Herz am höchsten?

Ich betrachte Architektur gewissermaßen als „Mutter des Designs“. Aber weiter gefasst, nicht nur in Bezug auf Gebäude, sondern als eine Denkweise, bei der jedes Objekt in Beziehung zu seiner Umgebung steht. So wie ein Glas auf einem Tisch in einem Zimmer eines Hauses, das Teil einer Stadt ist. Wenn wir ein Glas entwerfen, schauen wir immer, wie gut es in diesem Kontext funktioniert. Das macht den Prozess komplexer – genau wie in der Architektur –, aber zugleich herausfordernd und dadurch reizvoll.

Die multidisziplinäre Verbindung zwischen Architektur und Design ist in Skandinavien völlig selbstverständlich. Erstaunlicherweise werden in vielen anderen Ländern klarere Grenzen dazwischen gezogen. Wie würde Ihr Plädoyer für das „skandinavische Modell“ lauten?

Ehrlich gesagt haben sich Design und Architektur heute auch in Skandinavien voneinander gelöst. Aber vielleicht hat dieser bedauerliche Prozess hier vergleichsweise spät eingesetzt. Der Vorteil einer engeren Verbindung zwischen diesen Bereichen ist, dass sie im realen Leben untrennbar miteinander verbunden sind. Auch wenn ich durchaus die Vorteile einer Spezialisierung auf einen bestimmten Designbereich sehe, überwiegt das Risiko, den Blick für das Ganze zu verlieren.

Das Portfolio Ihres Studios Claesson Koivisto Rune ist unglaublich vielfältig. Wäre eine Spezialisierung auf einen Bereich für Sie einfach zu langweilig?

Wir sind besonders motiviert, wenn wir mit etwas beauftragt werden, das wir noch nie gemacht haben – das ist ein tolles Gefühl. Danach suchen wir. Aber es ist auch eine Frage der unterschiedlichen Prozesse. In der Architektur dauert ein Projekt oft Jahre und es sind viele Experten und Berater daran beteiligt. Design ist dagegen oft viel geradliniger – ein Hersteller, ein Designer, eine Entscheidung. Der gesamte Prozess dauert nur wenige Monate. Beides hat seine Vorteile, und es ist großartig, täglich zwischen beiden Bereichen wechseln zu können.

Die Nähe zur Innenarchitektur ist offensichtlich. Was reizt Sie daran, Wohnräume zu gestalten? Ist es auch das Zusammenspiel der Objekte?

Innenarchitektur ist Architektur, nur im Maßstab 1:20 statt 1:100. Sie ist also näher am Menschen. Wenn man mit einem privaten Kunden zusammenarbeitet, hat man das Gefühl, jemandem dabei zu helfen, seine Träume von einem besseren Leben zu verwirklichen. Aus meiner Sicht geht es auch beim Industriedesign darum, das Leben der Nutzer zu verbessern, aber das steht während des Prozesses nicht unbedingt im Vordergrund. Es geht eher um Preis, Verkaufszahlen und Produktionskosten.

Sehen Sie während der Red Dot-Jurysitzungen immer noch Objekte, die Sie überraschen?

Ich sehe jedes Jahr großartige Designs während der Red Dot-Jurysitzung. Von den Tausenden Objekten überraschen mich zwar nur wenige wirklich, aber das liegt in der Natur der Sache. Es ist erstaunlich, wie sich menschliche Kreativität und Schaffenskraft immer wieder neu erfinden, egal in welcher Zeit oder Epoche wir uns befinden. Im Design zeigt sich eindrucksvoll, wozu der Mensch fähig ist.

Ihr Studio hat selbst unzählige Auszeichnungen erhalten. Ist ein solches externes Feedback auch für Ihre eigene Entwicklung hilfreich? 

Eine Auszeichnung ist ein Schub, das lässt sich nicht leugnen. Für den Hersteller sogar noch mehr, würde ich sagen. Es ist wie eine „offizielle“ Bestätigung: Man behauptet nicht nur selbst, gute Arbeit geleistet zu haben, sondern bekommt dies auch von außen bestätigt. Gerade in einem Bereich, der sich nicht in exakten Einheiten messen lässt, halte ich das für besonders wichtig. Ein Preis kann hier als objektive Instanz fungieren.

Im Jahr 2021 hat König Carl XVI. Gustaf von Schweden Ihrem Studio die Prinz-Eugen-Medaille verliehen. Was hat das für Sie und Ihr Team bedeutet?

In Schweden wird man für sein Lebenswerk nicht wie in Großbritannien zum Ritter geschlagen. Die Medaille des Königs ist unser Äquivalent und damit die höchste offizielle Auszeichnung. Wir sind natürlich sehr stolz darauf.

Gibt es eine Design-Ära, die Ihrer Meinung nach eine Renaissance verdient? 

Die frühen bis mittleren Sechzigerjahre waren der Höhepunkt der Moderne. Als die Bewegung von subversiv zu raffiniert gereift war. Mode, Autos, Wolkenkratzer – nie sah die Welt so formvollendet aus. 

Und wie sieht es mit der Architektur aus – welche Epoche beeindruckt Sie am meisten?

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es keine architektonische Epoche oder Stilrichtung gibt, die besser ist als eine andere. Es geht nur um Qualität. Andrea Palladio, Frank Lloyd Wright oder Herzog & de Meuron sind Vertreter sehr unterschiedlicher Epochen, aber gleichermaßen beeindruckend.

Zu guter Letzt: Auf welchen Gegenstand würden Sie aufgrund seiner Gestaltung niemals verzichten wollen?

Ich liebe meinen MGC. Ein seltenes britisches Vintage-Sportauto aus dem Jahr 1968, das in vielerlei Hinsicht ein Design-Kompromiss war, aber dennoch unglaublich attraktiv ist.