Jury

Mag. Art Wan-Ru Chou

Wan-Ru Chou absolvierte ihren Master in Produktdesign an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. Seit 1994 ist sie außerordentliche Vollzeitprofessorin für Industriedesign (SCID) an der Shih Chien University und war von 2016 bis 2021 Dekanin des College of Design. Zudem fungierte sie von 1999 bis 2011 als Vorsitzende des Ausbildungsprogramms SCID und wurde für ihr Engagement mit dem „Special Contribution Award“ der Universität ausgezeichnet. 2004 und 2021 erhielt sie den „Teaching Excellence Award" der Shih Chien University. Ihre Designprojekte wurden bereits im Salone Satellite in Mailand, im Museum für Zeitgenössische Kunst in Taipeh und in der Remise in Wien ausgestellt.

Mag. Art Wan-Ru Chou ist Gastprofessorin an der Hunan University in Changsha, der Huaqiao University in Xiamen, der Guangzhou Academy of Fine Art in Guangzhou sowie an der Köln International School of Design und der FH Würzburg-Schweinfurt. Sie publiziert Fachbeiträge und Bücher, leitet Workshops und ist gefragte Sprecherin auf Konferenzen. Darüber hinaus ist sie Gründungsmitglied der Global Design Initiative (GDI), die seit 2015 länderübergreifende Design-Workshops veranstaltet. Im Rahmen einer dieser Veranstaltungen wurde ihr von Kunihiko Takai, dem Vorsitzenden des Kuratoriums der Universität, das MAU-Stipendium verliehen, ein besonderer Ehrentitel, den bisher nur 15 Persönlichkeiten erhielten.

Mag. Art Wan-Ru Chou wirkt in zahlreichen Jurys staatlich geförderter Projekte und Designwettbewerbe mit, koordiniert internationale Design-Workshops und ist Projektleiterin von Kooperationen zwischen Hochschulen und der Industrie.

Mag. Art Wan-Ru Chou

Red Dot im Interview mit Mag. Art Wan-Ru Chou

Red Dot: Sie haben als Produktdesignerin sowohl in Asien als auch in Europa gearbeitet. Gibt es immer noch eklatante Unterschiede in der Wahrnehmung von Design oder nähern wir uns einer globalen Ästhetik an?
Wan-Ru Chou: Eine globale Ästhetik ist aufgrund des Weltmarktes zu einem internationalen Trend im Bereich des Produktdesigns geworden. Wir können jedoch die Dynamik unterschiedlicher Kulturen oder die lokalen Besonderheiten nicht vollkommen ignorieren, denn sie sind oft die Schlüsselelemente, die eine geheimnisvolle Anziehungskraft ausüben.

Was zeichnet das taiwanesische Design aus? Aus welchen Wurzeln speist es sich?
Taiwan hat eine gute Basis für die Fahrrad- und IT-Industrie geschaffen. Das Produktdesign hat dabei dank der OEM- und ODM-Entwicklung einen großen Handlungsspielraum – hinzu kommen eine ausgezeichnete Fertigungsqualität und flexible technische Dienstleistungen. Daher können die oben genannten Branchen feine Unterschiede herausarbeiten und darauf aufbauend innovative Produkte entwickeln und vermarkten. In den letzten Jahren hat sich OBM auf dem Markt durchgesetzt. Mit einer guten Markenplanung und -vermarktung sollte taiwanesisches Design in der Lage sein, seinen Bekanntheitsgrad auf der internationalen Bühne weiter zu erhöhen.

Sie geben Ihr Fachwissen auch an die nächste Generation von Designern weiter. Gibt es etwas, das Sie bei Nachwuchsdesignern überrascht? Ist ihr Ansatz anders?
Die Bandbreite der von der jüngeren Generation angewandten Informationen übersteigt unsere Erwartungen, und es ist verhältnismäßig einfacher, bereichsübergreifende Ideen in die eigene kreative Arbeit zu integrieren. Das kann aber manchmal etwas oberflächlich sein. Die jüngere Generation besitzt Hightech-Fähigkeiten wie den Einsatz von KI, aber was die Methoden angeht, muss sie sich darauf konzentrieren, den Designprozess neu zu justieren, anstatt am traditionellen Prozess festzuhalten.

Wie wird sich das Produktdesign Ihrer Meinung nach entwickeln? Inwieweit spielen die vorherrschenden Themen wie KI oder Nachhaltigkeit eine Rolle?
Durch die Förderung der Bildung ist sich die jüngere Generation der Bedeutung nachhaltiger Themen stärker bewusst als wir. Der Fokus auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft erfordert integriertes Denken und interdisziplinäre Zusammenarbeit, um praktisch umgesetzt werden zu können, denn es handelt sich um eine strukturelle und systemische Frage. Was die KI betrifft, so kann sie als nützliches Werkzeug die Kreativität des Designs anregen, aber es ist immer der „Mensch“, der eine Schlüsselrolle spielt. Er wird auch künftig die Entscheidungen treffen und Urteile fällen, damit ein gutes Produktdesign zustande kommt.

Muss Sie ein Produkt auf den ersten Blick überzeugen oder gibt es Produkte, die Sie erst „entdecken“ müssen?
Der erste gute Eindruck ist in der Tat sehr wichtig. Mir reicht es jedoch nicht aus, nur einen ersten Blick auf das Objekt zu werfen – ich muss mehr über die Details erfahren. Einige bemerkenswerte Produkte haben eine faszinierende Eigenschaft: Vielleicht erscheinen sie zunächst gewöhnlich und sogar langweilig, doch nach und nach kommt ihre zeitlose Ästhetik zum Tragen, sie werden interessant und schließlich zu Klassikern.