Red Dot Gala: Product Design 2025 Start Livestream: 8. Juli, 17:45 Uhr (MESZ)
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Jury

Prof. Song Kee Hong

Professor Song Kee Hong hat für einige der namhaftesten Marken der Welt gearbeitet, darunter Dell, Epson, HP, Intel, Lenovo, P&G, Philips, Sanyo, Sennheiser und WelchAllyn. Für seine Arbeit wurde er in mehr als zwanzig internationalen Designwettbewerben ausgezeichnet. Zu seinen jüngeren interdisziplinären Projekten zählen Aufträge für verschiedene Branchen von der Unterhaltungselektronik bis hin zu entscheidenden Bereichen wie dem Gesundheitswesen, der Industrie und staatlichen Sicherheitssystemen.

Zurzeit ist Song Kee Hong stellvertretender Leiter der Industrial Design Division an der National University of Singapore und gleichzeitig Designdirektor von Design Exchange. Er blickt auf mehr als zwei Jahrzehnte Designerfahrung zurück, die Tätigkeiten bei der globalen Innovations-Unternehmensberatung Ziba und bei HP einschließt.

Prof. Song Kee Hong

Red Dot im Interview mit Prof. Song Kee Hong

In welchen Branchen sehen Sie derzeit die größten Veränderungen im Design?
Das Gesundheitswesen erlebt derzeit einen tiefgreifenden Designwandel, da KI-gestützte Tools helfen, die Bedürfnisse von Patienten zu analysieren und sich auf dieser Basis die Benutzerfreundlichkeit medizinischer Geräte verbessern lässt. Bei den nachhaltigen Technologien verändern wiederum die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft das Design, weil sie Gestalter dazu zwingen, sich auf Recyclingfähigkeit und Abfallreduzierung zu konzentrieren. Gleichzeitig entwickelt sich die Unterhaltungselektronik rasant weiter, wobei auch hier menschenzentriertes Design und damit die Bedürfnisse, Emotionen und Verhaltensweisen der Nutzer im Fokus stehen. 

Welche der aktuellen Herausforderungen werden den größten Einfluss auf das Industriedesign haben?
Nachhaltigkeit ist heute eine der größten Herausforderungen im Produktdesign. Da die Verbraucher immer mehr Wert darauf legen, wächst der Druck, nachhaltige Produkte zu akzeptablen Preisen zu entwickeln. Gleichzeitig birgt die Integration von KI sowohl Chancen als auch Herausforderungen: Einerseits erleichtert ihr Einsatz die Analyse erfolgreicher Designmuster in verschiedenen Branchen, sodass Designer fundiertere Entscheidungen treffen können. Andererseits bedeutet dies jedoch auch, dass weniger Designer benötigt werden.

Sie haben für große internationale Unternehmen gearbeitet: Gibt es so etwas wie eine globale Designsprache?
Es gibt zwar keine globale Designsprache, aber es entwickeln sich universelle Prinzipien. Minimalistische Ästhetik, die sich auf die Eliminierung von Überflüssigem konzentriert, um das Wesentliche hervorzuheben, ist zu einem Markenzeichen des zeitgenössischen Industriedesigns in allen Kulturen geworden. Erfolgreiches globales Design erfordert jedoch oft kulturelle Sensibilität: Inklusives Design muss die Vielfalt in Bezug auf Geschlecht, Alter, ethnische Zugehörigkeit und sexuelle Orientierung berücksichtigen.

Sie waren unter anderem auch an Entwicklungen im Gesundheitswesen beteiligt. Was macht diesen Sektor so attraktiv und welchen wesentlichen Einfluss hat Design auf Verbesserungen im medizinischen Bereich?
Das Design im Gesundheitswesen bietet die einzigartige Möglichkeit, das Wohlbefinden der Menschen zu verbessern. Gute Gestaltung hilft dabei, medizinische Produkte einfacher und präziser zu nutzen, was sowohl die Sicherheit als auch die Effizienz verbessert. Sein lebensveränderndes Potenzial verleiht diesem Sektor besondere Bedeutung – mangelhaftes Design in sicherheitskritischen Bereichen wie dem Gesundheitswesen kann zu Frustration, Ausgrenzung oder sogar zu Schäden führen. Menschenzentriertes Design stellt hier außerdem sicher, dass die Bedürfnisse aller relevanten Akteure – von Patienten bis zu Gesundheitsdienstleistern – berücksichtigt werden und so bessere Lösungen entstehen.

Über die reine Funktion hinaus: Was sollte Design überhaupt leisten?
Meiner Meinung nach sollte Design über die reine Funktion hinaus konkret darauf abzielen, emotionale Verbindungen und sinnvolle Erfahrungen zu schaffen. Es geht nicht nur darum, wie etwas funktioniert, sondern auch darum, was Menschen dabei empfinden – Freude, Zugehörigkeit oder sogar ein Identitätsgefühl.
Gleichzeitig muss Design heute Verantwortung für die Umwelt übernehmen. Das bedeutet, dass wir über die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen unserer Kreationen nachdenken müssen – nicht nur zu Beginn, sondern während des gesamten Lebenszyklus eines Produktes oder einer Dienstleistung.
Und natürlich sollte Design menschenzentriert sein – indem es reale Probleme von echten Menschen löst. Im besten Fall entstehen also relevante, durchdachte Lösungen, die das Leben wirklich verbessern.

Welche grundlegenden Werte möchten Sie Ihren Studierenden vermitteln? Gibt es einen Leitgedanken, den Sie ihnen immer mit auf den Weg geben?
Der wichtigste Grundsatz ist für mich menschenzentrierte Empathie – meine Studierenden sollen lernen, die Menschen, für die sie gestalten, wirklich zu verstehen. Wenn man sich komplett mit den Bedürfnissen der Nutzer identifizieren kann, entstehen ganz automatisch Arbeiten, die sinnvoller, intuitiver und inklusiver sind. Aber ich betone auch immer die Verantwortung – nicht nur gegenüber den Nutzern, sondern auch gegenüber der Umwelt, dem Team und der Organisation, der sie angehören. Herausragendes Design schafft einen Mehrwert für alle Beteiligten, und wenn das gelingt, führt das sowohl zu beruflichem Erfolg als auch zu persönlicher Zufriedenheit.

Wie schätzen Sie den Einfluss internationaler Wettbewerbe wie des Red Dot auf die Designbranche ein? Können sie wichtige Impulse geben?
Internationale Designwettbewerbe spielen eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung der Branche. Sie feiern nicht nur gutes Design, sondern setzen Maßstäbe und fordern Designer dazu auf, immer wieder Grenzen zu überschreiten. Diese Wettbewerbe regen weltweit Diskussionen darüber an, was Design sein kann, zeigen neue Trends auf und fördern den interkulturellen Austausch. Letztlich tragen sie dazu bei, das Designniveau weltweit anzuheben.

Sie haben selbst zahlreiche Designpreise gewonnen: Sind diese eher eine Bestätigung oder können sie auch die eigene Entwicklung vorantreiben?
Ich würde sagen, beides. Auszeichnungen bestätigen auf jeden Fall, dass wir auf dem richtigen Weg sind – sie sind eine Anerkennung durch die Branche, was definitiv motiviert. Und damit sie treiben einen auch voran. Sie öffnen Türen zu neuen Möglichkeiten, Kooperationen und sogar Herausforderungen, die man sonst vielleicht nicht angenommen hätte. Mit einer solchen Anerkennung kommt auch Verantwortung – weiter zu wachsen und die Messlatte immer höher zu legen.

Gibt es einen Gegenstand, auf den Sie aufgrund seines Designs niemals verzichten möchten?
Ich habe eine alte Ledertasche, die ich seit über zehn Jahren besitze und die ich wegen ihres Designs niemals missen möchte. Sie ist einfach, aber sehr praktisch, aus strapazierfähigen Materialien gefertigt und mit großer Handwerkskunst hergestellt. Sie konzentriert sich auf das Wesentliche, ohne Schnickschnack, was sie im Alltag superpraktisch macht. Außerdem hat sie diese zeitlose Qualität, der ich mich verbunden fühle. Die besten Designs – wie eben dieses – fügen sich ganz natürlich in dein Leben ein und zeigen, wie funktional und nachhaltig Gestaltung sein kann.

Und welche Design-Ära verdient Ihrer Meinung nach eine Renaissance?
Ich finde, jede Design-Ära hat ihre Stärken und Schwächen, daher geht es meiner Meinung nach nicht darum, eine ganze Ära zurückzubringen. Aus meiner Sicht sollte man eher das Denken bestimmter Designer, deren Arbeit auch heute noch sehr relevant ist, wieder in den Vordergrund rücken – Gestalter wie Dieter Rams oder Victor Papanek. Ich glaube, wenn wir ihre Prinzipien –Einfachheit, Nachhaltigkeit und Verantwortung – mit heutigen Technologien wie KI kombinieren, können wir Lösungen schaffen, die nicht nur gut gestaltet, sondern auch besser für die Umwelt und intelligenter in der Produktion sind. Das ist die Art von „Renaissance“, die ich mir wünsche.