Red Dot Award: Brands & Communication Design 2023

Die Sieger der höchsten Auszeichnungen

Sehr gute Gestaltungsqualität zeichnet die Red Dot Jury mit dem Red Dot: Best of the Best aus. Aus diesen Projekten wählt sie die aus, an die sie die höchsten Auszeichnungen vergibt: Den Red Dot: Grand Prix und den Red Dot: Junior Prize.

Sie bilden die Spitze des internationalen Kommunikationsdesigns: Die Sieger des Red Dot: Grand Prix. In diesem Jahr konnten sich sechs Arbeiten gegen alle Einreichungen behaupten. Sie wurden von der Red Dot Jury mit der höchsten Einzelauszeichnung des Red Dot Award: Brands & Communication Design prämiert. Die beste Arbeit im Nachwuchs-Bereich wurde mit dem Red Dot: Junior Prize ausgezeichnet. Dieser kann pro Wettbewerb nur ein einziges Mal vergeben werden.

Forskningsrådet

Brand Design

Kunde:
Forskningsrådet
Oslo, Norwegen

Design:
ANTI
Oslo, Norwegen

Das stete Hinterfragen, unkonventionelle Ansätze – all das zeichnet die Arbeit von ANTI bis heute aus. Der Agenturname ist dabei keinesfalls mit einer ablehnenden Haltung in Verbindung zu bringen, ANTI steht vielmehr für „A New Type of Interference“. Eben das, was Marken heute mehr denn je brauchen. Auch für den komplex aufgestellten Norwegischen Forschungsrat entstand auf diese Weise ein durchdachtes und flexibles Corporate Design, das für deren Mitarbeiter sogar haptisch erfahrbar gemacht wurde.

Bei der Entwicklung dieses Corporate Designs mussten verschiedene Organisationen berücksichtigt werden. Was waren die ersten Überlegungen?
Wir setzen bei der Gestaltung von Identitäten immer auf konzeptionelles Storytelling. Der Kern liegt in guten Geschichten, die auch das Potenzial für gute Systeme haben. Und wir beginnen damit, unsere Kunden umfänglich verstehen zu lernen. Wir wollten eine visuelle Sprache finden, die klar genug ist, um über alle Formen hinweg wiedererkannt zu werden, und die zugleich einen individuellen Ausdruck zulässt.

Sie haben dafür einen Dubins-Path-Generator genutzt – können Sie das kurz erläutern?
Wir haben nach einem generativen System gesucht, das die Idee des Verknüpfens von Verbindungen unterstützt, was uns zu Dubins Path führte. Der Generator verwendet ein 4x4-Gitter, wobei jeder Gitterpunkt ein Gebiet darstellt, in dem der Forschungsrat arbeitet. Er wählt eine Reihe zufälliger Punkte im Raster aus und verwendet Dubins Path, um sie zu verbinden. Dadurch entstehen Dutzende von Variationen, die eine einheitliche Ästhetik aufweisen.

U.S. Army

Brand Design

Kunde:
Army Marketing Enterprise Organization
Chicago, USA

Design:
Team DDB comprised of Siegel+Gale and DDB Chicago
New York, USA

Trotz des reichen Erfahrungsschatzes im Rücken gibt es immer noch spannende Herausforderungen für Siegel+Gale. So wie die Entwicklung eines neuen Branding für einen besonderen Auftraggeber: „Die US-Armee ist ein einzigartiger Kunde – sie wäre es wohl für jede Agentur. Abgesehen von den Tarnuniformen und anderen offensichtlichen Unterscheidungsmerkmalen gibt es nicht viele andere Organisationen, die mehr als eine Million Mitarbeiter und eine 248-jährige Tradition vorweisen können.“ Das Ergebnis ist ein geschliffener Auftritt, der für eine intuitive Identifikation der Armeezugehörigen mit der Truppe sorgt – natürlich galt auch hier: Simple is smart.

Ihr Markendesign für die U.S. Army ist sehr komplex. Welche Komponente würden Sie als Herzstück bezeichnen?
Das neue Logo ist sicherlich das sichtbarste und ikonischste Element. Wir haben jedoch auch einfache, immerwährende Identitätsprinzipien festgelegt, die alle Komponenten und ihr Zusammenspiel inspirierten. Diese sind von Klarheit, Selbstbewusstsein und Menschlichkeit gekennzeichnet. 

Die Farben wurden dabei weitestgehend übernommen …
Die Armee verwendet seit vielen Jahren die Farben Schwarz, Gold und Weiß. Wir haben diese Palette noch um ein „Army Green“ erweitert, um ihr einen einzigartigen Army-Charakter zu verleihen. Ansonsten fanden wir das bestehende Farbspektrum in Bezug auf den Wiedererkennungswert und die Fähigkeit, die Untermarken zu vereinen, sehr durchdacht. 

Bei der Entwicklung der Marke hatte man in erster Linie junge Erwachsene im Blick. Wie wichtig war es dabei, ein authentisches Bild zu zeichnen?
Authentizität hat hier aus mehreren Gründen höchste Priorität. Die Identität muss eine offene und ansprechende Geschichte über die vielfältigen Möglichkeiten erzählen, die die Armee jungen Menschen bietet. Es handelt sich dabei ja um eine sehr aufgeklärte Zielgruppe. Gleichzeitig muss sie bei den derzeitigen Soldaten und Veteranen, die das Heer natürlich besser kennen als jeder andere, gut ankommen.
Wir haben schon früh im Prozess beschlossen, nichts von außen zu „erfinden“ oder einzuführen. Das Heer hat eine so reiche und unverwechselbare visuelle Kultur, dass jede kreative Entscheidung in irgendeiner Weise von den Merkmalen inspiriert wurde, die bereits in der Marke vorhanden sind.

Verhüllungen

Buch

Kunde:
Atelier Walter Oczlon
Salzburg, Österreich

Design:
Atelier Walter Oczlon
Salzburg, Österreich

Walter Oczlon ist ein Perfektionist mit Leidenschaft für die Kunst der Buchgestaltung, für Materialität und für das Handwerk.

So ist auch „Verhüllungen“ keine Fast-Food-Literatur, sondern will Seite für Seite entdeckt werden. Handelt es sich doch um ein 31 Meter langes Leporello, für das er Hüllen aller Art im öffentlichen Raum mit der Kamera festhielt.

Über welchen Zeitraum entstanden die Fotografien für „Verhüllungen“?  
Die meisten hiervon innerhalb von drei Jahren. Dass es bei diesem Thema so viel Neues zu sehen und zu entdecken geben würde, ahnte ich anfangs nicht. 

Hatten Sie von Beginn an ein Buchprojekt im Kopf?
Ja! Schritt für Schritt, Motiv für Motiv begann ich mich konzeptionell und fotografisch intensiver mit dem Projekt auseinanderzusetzen und gleichzeitig das Buchkonzept zu erarbeiten. Dabei war es mein Ziel, dem fotografischen Thema einen adäquaten Rahmen zu geben. Durch die Präsentation der Bilder in einem langen Leporello wurde das Buch selbst zum Verhüllungsobjekt – und einmal entfaltet, verwandelt es sich zum wandfüllenden Exponat.

Letztlich entstand ein 31 Meter langes Leporello. War Ihnen bewusst, dass dies ein buchbinderischer Wahnsinn werden wird?
Nein und ja. Meine ersten selbst gefalteten Blindmuster waren sehr vielversprechend. Aber die waren ja auch nur drei Meter lang. Mit zunehmender Länge stieg die Herausforderung. Es war für uns alle – den Drucker, den Buchbinder und mich – ein absolutes Neuland und es gab keine Referenzobjekte. Daher wurde es ein langer Weg mit zahlreichen Blindmustern auf Originalpapier und Diskussionen im Zehntelmillimeterbereich. Letztlich klebte der Buchbindermeister in Handarbeit 39 exakt gefalzte und gerillte Druckbögen zu einem Leporellobuch – danke!

 

Novartis Pavillon – Zero-Energy Media Facade

Installation

Kunde:
Novartis Pharma AG
Basel, Schweiz

Design:
iart – studio for media architectures
Münchenstein, Schweiz

AMDL CIRCLE and Michele De Lucchi
Mailand, Italien

Mehrfach wurden die internationalen Umsetzungen von iart bereits ausgezeichnet, der Novartis Pavillon in Basel ist ein weiteres Leuchtturmprojekt. 10.000 Solarmodule sorgen dabei nicht nur für eine umweltfreundliche Inszenierung, sondern auch für leuchtende Augen bei den Besuchern des Unternehmens und der Stadt. 

Design und Technologie sind bei iart eng miteinander verknüpft. Sehen Sie darin generell das neue Berufsbild des Designers?
Bei iart unterscheiden wir nicht zwischen Designern und Ingenieuren, sondern arbeiten in interdisziplinären Teams. Der Übergang zwischen den Disziplinen ist fließend. Eine wichtige Rolle spielen bei uns Creative Engineers, weil sie im Wesentlichen die Brücke zwischen Technologie, Innovation und Design bauen. Zudem ist die Zusammenarbeit mit den Architekten von zentraler Bedeutung, denn wir verstehen Medienfassaden als integralen Bestandteil von Architektur. Im Fall des Novartis Pavillons haben wir die Fassade gemeinsam mit AMDL CIRCLE gestaltet, insbesondere mit Nicholas Bewick und Michele De Lucchi. 

Mit 10.000 Solarmodulen bestückt, produziert der Novartis Pavillon mehr Strom, als er verbraucht. Wie wichtig ist inzwischen der ökologische Aspekt in der Architektur?
Nachhaltigkeit ist in allen Bereichen von Architektur wichtig, auch für unsere Arbeit. Mit diesem Projekt wollten wir aufzeigen, dass eine Medienfassade nicht nur Strom verbraucht, sondern diesen auch selbst generieren kann. Indem wir Kommunikationsfähigkeit und Energiegewinnung kombinieren, schaffen wir neue Möglichkeiten – sowohl hinsichtlich Gestaltung als auch Nachhaltigkeit. Für uns ist klar, dass die kontinuierliche Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit der einzig mögliche Weg in die Zukunft ist.

Der Pavillon wird von Künstlern bespielt, die gemeinsam mit Novartis-Wissenschaftlern die Motive entwickelten. Gab es Punkte, an denen Kompromisse notwendig waren?
Die von uns entwickelte Medienfassade hat sehr viel Gestaltungspotenzial, bringt aber auch Einschränkungen mit. Sie ist rund, hat eine gewisse Auflösung und kann vorder- und rückseitig bespielt werden. Die drei Künstler*innen – Daniel Canogar, Esther Hunziker und Semiconductor – nahmen diese gestalterische Herausforderung sehr positiv auf. Somit ging es nicht um Kompromisse, sondern eher um ein Ausschöpfen des Potenzials dieses einzigartigen Mediums.

A Statement of Form

Ausstellungs- und Eventdesign

Kunde:
Gaggenau Hausgeräte GmbH
München, Deutschland

Design:
1zu33 GmbH
München, Deutschland

Als Studio für architektonische Markenkommunikation übersetzt 1zu33 nicht nur Unternehmenswerte in den Raum – es schafft vielmehr Orte der Begegnung, an denen Marken ganzheitlich erfahrbar werden.
So manifestierte sich die Leidenschaft für Details und ein tiefgehendes Markenverständnis auch in der Gaggenau-Präsentation während des Salone del Mobile. Hier bespielten die Kreativen die imposante Villa Necchi, deren Architektur aus den 1930er Jahren einen spannenden Kontrast zum modernen Markenbild bot.

Sie inszenierten die Marke Gaggenau in der Villa Necchi in Mailand – Tradition und Moderne ergaben hier einen reizvollen Kontrast. Wie schwer war es, diesen Ort zu bespielen?
Es war von Beginn an unsere Absicht, diesem Ort mit großem Respekt zu begegnen, aber trotzdem einen mutigen und eigenständigen Ansatz für die Inszenierung der Marke Gaggenau zu entwickeln. Dementsprechend haben wir ein Konzept entwickelt, in dem sich Anklänge an die Architektur der 1930er Jahre in Italien in einer abstrakten räumlichen Installation mit den Werten und charakteristischen Merkmalen der Marke zu einer einzigartigen Komposition verbinden. Hierbei die richtige Balance zu finden, war ein sehr herausfordernder Prozess.

Nehmen wir heute Räume anders wahr als Generationen vor uns?
Die Generationen vor uns kannten in ihrem Erfahrungshorizont vorrangig physische Räume und imaginäre Räume. Der neu hinzugekommene digitale Raum schafft eine neue und sehr relevante Dimension, die jedoch durch ihre ausschließlich visuelle Wahrnehmbarkeit in ihrem Erlebnisgehalt sehr limitiert ist. Unsere Sehnsucht, reale Räume mit all ihrer Sinnlichkeit zu erleben, wird meiner Erfahrung nach dadurch verstärkt. Wir sehen im digitalen Raum Orte, die wir real erleben und erfahren möchten. Oft tragen wir dabei bereits ein Bild in uns, das wir dann mit der Realität abgleichen. Wir fotografieren diese Orte und spielen unsere Eindrücke und Beobachtungen wieder in den digitalen Raum zurück, wodurch ein fortwährender Dialog zwischen der realen und digitalen Ebene entsteht.

 

Dot Pad – The first smart tactile graphics display.

User Interface

Kunde:
Dot Incorporation
Seoul, Südkorea

Design:
SERVICEPLAN GERMANY
München, Deutschland

Serviceplan Group wurde im Jahr 1970 als klassische Werbeagentur gegründet. Schnell entwickelte sie das Konzept vom „House of Communication“ – ein integriert aufgestelltes Agenturmodell, das alle modernen Kommunikationsdisziplinen aus den Bereichen Creative und Content, Media und Data sowie Experience und Commerce unter einem Dach vereint: Markenstrategen, Kreative, Experience Designer, Media-, Marketing-Technologie- und CRM-Experten, Data Scientists, Marktforscher, PR-Berater und -Profis.

Das Dot Pad erleichtert blinden oder sehbehinderten Menschen den Zugang zu verschiedensten Informationen.

Wie sind Sie an die Entwicklung herangegangen?          
Wir begannen damit, uns direkt mit sehbehinderten Menschen auszutauschen, um ihre täglichen Herausforderungen zu verstehen. Unser Team von Experten für barrierefreie Technologien, darunter Ingenieure, Designer und Berater für Barrierefreiheit, bemühte sich dabei, nicht nur bestehende Bedürfnisse zu erfüllen, sondern auch zukünftige zu antizipieren. Gemeinsam mit Braille-Pädagogen und Spezialisten für Barrierefreiheit wollten wir sicherstellen, dass dieses Gerät die Unabhängigkeit, Bildung und Kommunikation fördert. Nach wie vor stehen wir in ständigem Kontakt mit den Nutzern, um durch das Feedback der sehbehinderten Gemeinschaft die Gerätefunktionen weiter zu verbessern.

Mithilfe von KI wandelt das Dot Pad visuelle Informationen um – können Sie kurz erklären, wie das funktioniert?      
Der Prozess beginnt mit der Erfassung oder Eingabe eines visuellen Bildes – ob Diagramm, Foto oder aber bebilderter Text. Der Dot Image Processor nutzt KI, um dieses Bild zu analysieren. Dazu gehört die Segmentierung verschiedener Elemente innerhalb des Bildes, wie Formen, Linien, Text, Muster, Hintergrund, Vordergrund usw. Anschließend extrahiert er die wichtigsten Merkmale und übersetzt diese in ein taktiles Format.

Welche Inhalte können auf das Dot Pad übertragen werden?
Das Dot Pad ist sehr vielseitig und kann ein breites Spektrum an visuellen Informationen in taktile Grafiken und Braille-Darstellungen umwandeln. Dazu gehören Bilder, Texte, Diagramme, Karten, mathematische Notationen, Symbole, Lehrmaterial, grafische Informationen, Kunstwerke und Beschreibungen digitaler Medien.

Red Dot: Junior Prize 2023

PYRY – Artistic Book Made of Ice

Buch

Design:
Marie-Luise Charlotte Weier
Bad Neustadt, Deutschland

Universität:
DHBW Ravensburg, Studiengang Mediendesign
Ravensburg, Deutschland

 „Schneegestöber“, so die Übersetzung des finnischen Wortes „Pyry“, das Marie-Luise Charlotte Weier als Titel für ihre bemerkenswerte Arbeit wählte. Tatsächlich muss man sich beim Betrachten ihrer eindrucksvollen Fotografien warm anziehen: Gefrorene Buchseiten lassen die Schönheit des nördlichen Polarkreises durch eine dünne Eisschicht wirken und symbolisieren zugleich ihre Zerbrechlichkeit.

Wählten Sie für die Präsentation in Buchform bewusst die Risographie als eine besonders nachhaltige Drucktechnik oder wegen ihrer Ästhetik?
Der Umweltaspekt sollte bei jedem Druck und jeder Präsentation eine Rolle spielen. Für das Eisbuch wurden die losen Farbpartikel des Riso zudem zu einer Analogie für die Vergänglichkeit von Schneeflocken. Durch die Farbseparation kam ich auf die Idee, die Vorderseite einfarbig in Steel Blue zu drucken und die Rückseite zweifarbig in Marine Red, Aqua oder Sunflower. So gelang die Übersetzung des harten, extremen Moments des Frierens – erst in der Retrospektive, beim Umblättern der Seite, ergibt sich das ganze Bild.

Der kniffligste Part war sicherlich der verblüffende Überzug mit Eis – wie wurde dies technisch realisiert?
Es war ein langer Prozess aus Experimenten, Geduld und Wiederholungen. Am Polarkreis hatte ich an einem Kurs für die Gestaltung und das Bauen von Eisskulpturen teilgenommen, das hat mir zumindest die Türen zum Werkstoff Eis geöffnet. Die Eisseiten, also die eingefrorenen Fotografien, waren dabei aber der leichtere Part. Am schwierigsten war die Bindung: Das Buch muss stabil sein, die Seiten dürfen nicht brechen und nicht zusammenfrieren.