
beierarbeit

Seit vielen Jahren zeichnet die interdisziplinäre Designagentur beierarbeit für die jährlich wechselnden Auftritte des Theaters Bielefeld verantwortlich. Für die neue Spielzeit entstand ein neuer Displayfont, der das Motto „Unfassbar Real“ mit seiner abstrakten Bildhaftigkeit spielerisch untermauert. Als Keyvisual im Gestaltungsprozess der saisonalen Kommunikation fungiert dieser als markanter Anker und wird von dem bereits bekannten Ring umspielt, der wie eine Banderole Dynamik verleiht. 180 Buchstaben, Zahlen und Satzzeichen sind Grundlage für flexible analoge wie digitale Anwendungen.
Interview mit Christoph Beier
Red Dot: Die REAL fungiert als typographisches Keyvisual. Geht man die Entwicklung einer Schrift grundsätzlich anders an, wenn diese eine solche Funktion erfüllen soll?
Projektdesign und Schriftentwicklung waren ein paralleler Prozess, da das Keyvisual auch mit typographischen Alternativen untersucht wurde. So musste sich die Schrift im ersten Schritt nur mit dem Spielzeitmotto „Unfassbar Real“ in allen Schreibweisen (gemischt, versal, gemein) durchsetzen, um auch Assoziationen zu anderen Berührungspunkten mit „Real/real“ entgegenzuwirken. Über die funktionale Anforderung, alle Medien und Formate zu bedienen, entstand der Variable Monospaced Display-Font REAL für diese große Kampagne.
Wie essenziell war die spielerische Varietät des Fonts?
Das Motto definierte den Gestaltungsspielraum und setzte die Koordinaten. Daraus entwickelte sich eine verzerrte und prismenhafte Formgebung mit dem Ziel der Andersartigkeit. Aus der Konsequenz, in Quadraten zu gestalten, ergaben sich unkonventionelle Formen, um das Verhältnis von Weiß- zu Schwarzraum bei allen Buchstaben harmonisch auszubalancieren. In der Anwendung ermöglicht die einheitliche Zeichenbreite interessante Formteppiche an der Schwelle von Text zu Bild.
Welche Merkmale verleihen der Schrift ihre markante Wirkung?
Ziel der Gestaltung war es, jede einzelne Glyphe zu einem vollständigen Bild zu formen. Weit ausgreifende und dynamische Kurven verleihen den Glyphen etwas Körperliches, während die Kontrastbereiche zwischen Positiv- und Negativform Räumlichkeit erzielen. Im Ergebnis wirkt die Glyphe skulptural. Der Charakter der Schrift und des Designs findet seine Verortung im Bereich Kunst und Kultur.
Haben sich die Stärken der Schrift erst so richtig während der Umsetzung der Kommunikationsmittel erwiesen?
Schriftentwicklung und Kommunikationsdesign waren parallele Prozesse. Anforderungen und Spielräume konnten somit optimal ihren Ausgleich finden, um das volle Potenzial unserer Fähigkeiten für das Projekt auszunutzen. Diese disziplinübergreifende und gleichzeitig miteinander verschmelzende Arbeitsweise von Kommunikations-, Type- und Motiondesign stellt ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal unseres Büros dar.
War für eine rein typographische Lösung viel Überzeugungsarbeit notwendig?
Das Theater Bielefeld setzt in seiner Kommunikation in einer Kombination aus Programmatik und gesellschaftlicher Botschaft ohnehin auf die Kraft des Wortes. Insofern war keine große Überzeugungskraft erforderlich.
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